Donnerstag, 14. Mai 2015

April

Unglaublich was ich im April alles erlebt habe. Zu viel um es in einem Kapitel zusammen zu fassen, aber ich wollte mich unbedingt auf einen Eintrag pro Monat reduzieren. Sonst hock ich ja nur am PC :P

Wie bereits in einem vorherigen Kapitel erwähnt, fing meine Schulzeit zu Beginn des Monats an. Hauptsächlich darum wird es jetzt also auch gehen.


Als noch die letzten Tage Ferien waren, begleitete mich meine Gastmutter und meine YFU Betreuer zu meiner zukünftigen Schule wo ein offizielles Treffen bevor stand. Wir wurden alle in einen kleinen Versammlungsraum gesetzt und man fing an japanisch zu reden, Blätter (auf japanisch) zu verteilen und sich Notizen zu machen. Ich saß also nur da und versuchte einen guten Eindruck zu machen. Dann kamen noch mehr (wohl wichtige) Lehrer herein, jeder stellte sich vor und dann war ich mit meiner ersten, ordentlich eingeübten Vorstellrede auf japanisch dran. Ein Bahn frei hingelegt und dann sind die wichtigen Lehrer wieder aus dem Raum verschwunden. Nur 3 Lehrer blieben im Raum, welche sich als Lehrerin für die 1.Klassen, meine Klassenlehrerin und meine persönlich zuständige Lehrerin herausstellten.

Ein kurzes Wort zum Schulsystem: In Japan fängt es mit der Grundschule an, dann kommt zu unserer Gymnasialzeit die Junior Highschool und ab unserer 10.Klasse geht man in eine Senior Highschool. Dort werden die drei Klassenstufen dann strikt voneinander unterschieden in 1.Klasse, 2.Klasse und 3.Klasse. Ich als 1.Klässler bin also zum neuen Semester mit meiner ganzen Klasse neu auf der Schule und wir müssen den Älteren (genannt Senpais) ganz viel Respekt gegenüber aufbringen. Wer welche Stufe ist kann man an der Farbe der Schulschuhe erkennen. Die sind echt hässlich aber es tröstet mich dass wenigstens jeder sie tragen muss xD Außerdem bin ich in einer speziellen Fremdsprachenklasse. Darunter sollte man sich nichts besonderes Vorstellen. Ich glaube wir haben nur etwas mehr Englischstunden als der Rest. Aber das Englisch der Leute aus meiner Klasse ist auch nicht viel besser als das der Schüler aus anderen Klassen^^

Meine zuständigen Lehrer können aber zum Glück alle ganz gut Englisch. Danach bekam ich noch eine kleine Führung durch die Schule. Dabei wurde mir ein Englischlehrer vorgestellt, der aus Amerika kommt. Er sitzt in seinem extra spezial Englischlehrerraum und hat dort wohl ziemliche Langeweile weswegen ich doch gerne mal vorbei kommen soll wenn ich auch gerade mal Langeweile habe und jemanden zum Reden brauch. Das war natürlich sehr nett.

Die Schule sieht nicht sehr neu aus. Sie ist aufgebaut wie ein U, in der Mitte ein kleiner Hof und das U wird von einem angrenzenden Gebäude verschlossen welches aber mehr für besondere Aktivitäten zur Verfügung steht, wie Clubs oder zusätzliche Räume. Für gewöhnlich hat man den ganzen Tag in seinem Klassenraum Unterricht.

Ich durfte auch gleich ein paar ausgeliehene Schuluniformen anprobieren. Die passten sogar ganz gut und ich durfte sie behalten. Die Sportuniform musste allerdings bestellt werden, dort wurde mein Name in Katakana drauf gedruckt :D

Aber an sich sieht die Schuluniform nicht so spektakulär aus. Sie ist dunkelblau. der Rock geht bis zu den Knien und hängt etwas lasch herunter. Der Blazer ist ein normaler Blazer und der Pulli schaut auch ganz eintönig aus. Am meisten gefallen mir noch die weißen Blusen, denn die haben einen schönen Kragen und sind angenehm weit geschnitten. Dazu muss man natürlich auch noch Strümpfe tragen, welche idealer Weise auf den Waden sitzen und schwarz oder dunkelblau einfarbig sind. Eine Schleife gibt es auch, aber die trägt man nur zu besonderen Anlässen, obwohl ich finde die lassen das ganze Outfit viel süßer wirken.

Trotz Ferien sah man unzählige Clubs durch die Schule laufen. Die trainieren hier alle sehr hart, lange und oft.

Das war dann auch schon meine Einführung in das Schulwesen gewesen.

Am nächsten Tag ging ich noch mit meiner Gastmutter für die Schule nötige Dinge einkaufen und dann war ich bereit.

Meine japanische Vorstellrede musste ich am 1.Schultag 3x aufsagen. Das erste Mal vor der gesamten Lehrerschaft, das zweite Mal vor meiner Klasse (komischer Weise war ich dabei so aufgeregt, dass mir die Luft weg blieb) und als nächstes vor allen Schülern, und gewiss waren da auch nochmal alle Lehrer. PS: Die Warabi Highschool besuchen 1200 Schüler. Und das nur in 3 verschiedenen Klassenstufen. In meiner deutschen Schule sind gerade mal 500 Schüler in 8 Klassenstufen.

Danach wurde ich belagert von Namen und Gesichtern. Bekanntlicher Weise sehen Asiaten mit ihren schwarzen Haaren und dunklen Augen alle relativ gleich aus. Am Ende des Tages konnte ich also keinem einzigen Gesicht den Namen zuordnen. Aber das legte sich nach einer Woche ziemlich schnell.

Was mir an meinen ersten Schultagen wohl am längsten im Gedächtnis bleiben wird, ist dieses unglaubliche "KAWAAIIIII!!!!" um mich herum. Wenn ich durch die Schule ging oder einen Raum betrat, besonders wenn ich um eine Ecke bog, bekam ich fast einen Herzinfarkt weil jemand plötzlich "KAWAAIIII!" in mein Gesicht quietschte. "Kawaii" heißt so viel wie "süß", dass musste mir keiner mehr erklären.
Aber was würdet ihr machen, wenn man 100 mal am Tag "SÜÜÜÜßßßßß!!!!" an den Kopf geschmissen bekommt? Am Anfang musste ich natürlich geschmeichelt, dümmlich Grinsen (was sicherlich noch mehr Kawaii rüber kam), nach einer Woche lächelte ich nur noch dümmlich, weil ich langsam kein Bock mehr auf Herzattacken hatte und man sich wie ein süßer, nichts verstehender Gegenstand vor kam. Das entsprach an sich der Wahrheit, aber irgendwann wollte man doch mal eine vernünftige, zivilisierte Unterhaltung anfangen.

Es wollten auch unglaublich viele ein Foto mit mir machen (sogar ältere Jungs haben sich getraut mich auf ein Foto anzusprechen, da war ich ja überrascht xD). Einmal haben zwei Schülerinnen nach der Schule gesehen dass ich hinter ihnen gehe, sind extra vor der Schule stehen geblieben und haben mich nach einem Foto gefragt. Da kommt man sich schon etwas populär vor^^.

Im Unterricht verstehe ich natürlich kein Wort.
Außer vielleicht noch in Geschichte, Wörter wie "Mesopotamia" oder "Neanderthaler", die klingen im Japanischem ganz ähnlich.

In Mathematik konnte ich am Anfang richtig gut mitarbeiten, es war sogar mein neues Lieblingsfach! Endlich konnte ich mal mein Hirn benutzen und mir selber Zusammenhänge von Zahlen und Ergebnissen aufbauen. Ich habe es sogar verstanden, aber danach kam ein Thema mit Japanisch in den Aufgaben und meine glorreiche Zeit war auch schon wieder zu Ende.


Englisch dagegen ist sowas von einfach, da könnte jeder 5.Klässler mit einsteigen. Jedes auch noch so bisschen schwierigere Wort wird 5x mit der ganzen Klasse wiederholt. Und dann noch mal der gesamte Text, Satz für Satz, bloß nicht zu schnell damit man auch jede Silbe richtig betont.

Aber es gibt auch noch einen zweiten Englischunterricht mit zwei Lehrern aus Amerika und der macht sogar richtig Spaß. Die Beiden sind richtig cool drauf und es ist angenehm einem so gesittetem Englisch zuzuhören. Allerdings bezweifle ich, dass meine Mitschüler dabei so viel verstehen...


Der Sportunterricht ist auch sehr interessant. Es fängt an, wenn die Stunde noch gar nicht begonnen hat. Denn umziehen tuen sich ALLE im Klassenraum.
Wie das gehen soll? Ist ziemlich geschickt und ziemlich unhygienisch. Die Jungs tragen ihre Sportsachen einfach schon unter der Schuluniform. Und dass den ganzen Tag. Auch nach dem Sportunterricht, denn nach der Schule ist ja noch die Clubaktivität.
Als Mädchen ist es zumindest etwas angenehmer. Unter dem Schuluniformrock trägt man immer noch ein kurzes Höschen, damit ,falls der Rock mal hochfliegt, man immer noch was drunter hat. Unter den Rock zieht man dann eben die Sporthose einfach drüber.
Ich finde dass allerdings mit diesem Baumwollhöschen darunter noch etwas eklig, weswegen ich einfach eine kurze, enge Sporthose unter dem Rock und damit auch später unter der anderen Sporthose trage.
Oben rum kann man nicht viel an Hygiene retten. Unter der Bluse MUSS man eben noch ein Top als Unterhemd tragen, denn wenn man sich vor den Jungs umziehen muss kann man ja nicht im BH dastehen. Also tragen die meisten noch ein Baumwolltop unter dem Sportshirt.
Ich, als gewohnte Sport-BHträgerin, bin jetzt auf die schlaue Idee gekommen einen Sport-BH von Anfang an drunter zu ziehen und das Top einfach wegzulassen. Wenn man sich beim Umziehen nicht so dumm anstellt, fällt dass den Jungen auch gar nicht auf dass man da etwas mehr Haut zeigt als andere.
Aber im Sommer wird mir das sonst einfach viel zu warm und vor allem zu unhygienisch nach dem Sport im vollgeschwitztem Top rumzulaufen.

Überraschender Weise kommen mir meine Mitschüler allerdings sehr unsportlich vor. Natürlich gibt es auch Ausnahmen, und vielleicht habe ich mit meiner deutschen Schule (Sportschule) auch nur einen schlechten Vergleich, aber selbst ich bin im Werfen grottenschlecht und war in meiner Klassenstufe die 2. Beste.

Ich muss die Tests in der Schule nicht mitschreiben (wäre auch vollkommen unnötig gewesen) weswegen ich im Unterricht mit meinen eigenen Unterlagen japanisch lerne.

Man sagt ja immer an japanischen Schulen und Universitäten schlafen viele Schüler immer. Das ist auch wirklich so, allerdings hält sich dass in meiner Klasse bis jetzt noch in Grenzen. Ich dagegen würde am liebsten die ganzen Stunden lang schlafen, aber so als einzige in der vordersten Reihe als Austauschschüler komme ich mir dann doch etwas blöd vor xD.


In japanischen Schulen ist auch alles sehr geordnet und die Schüler diszipliniert. Vor dem Unterricht verbeugt man sich vor dem Lehrer auf Kommando und alle wünschen sich eine schöne Stunde. Danach verbeugen sie sich wieder und danken für die wunderschöne Geschichtsstunde die man teils verschlafen hat.

Bei Schulversammlungen in der Sporthalle hocken alle Klassen ordentlich in einer Reihe, nach ihren Nummern sortiert. Ich finde es unglaublich wie die Asiaten so lange in dieser einen Position dasitzen können. Alle Schüler sitzen auf ihrem Po und die Arme umschlingen die vor sich angewinkelten Beine. Das man unter den Rock gucken könnte, scheint niemanden zu stören. Keine Ahnung ob nur ich so ein Frack bin, aber mein Rücken hält das einfach nicht länger als 5 Minuten aus. Ich hoffe, ich verstoße gegen keine Regeln, wenn ich mich einfach im Schneidersitz hinhocke^^.

Desweiteren bedankt man sich bei dem Lehrer, wenn man putzen durfte...dass finde ich dann doch schon wieder etwas absurd. Da verliert ein Dankeschön sofort an tieferer Bedeutung.
Es gibt auch Momente, wo ich mich bedanken würde, aber Japaner sich entschuldigen. Z.b. lässt man einen Stift fallen und jemand hebt ihn für dich auf. In Deutschland würde man sich bedanken, in Japan entschuldigt man sich dafür, dem anderen solch einen Umstand gemacht zu haben.
Wenn ich das richtig verstanden habe, entschuldigt man sich auch wenn man einen Fahrstuhl betritt oder verlässt. Ich nehme an, weil damit Zeit verloren geht wenn überall jemand Neues ein- oder aussteigt.

Die Schulstunden gehen hier für gewöhnlich 65 Minuten lang (Gäääähn ja viel zu lange) und das 5x am Tag + 10 Minuten am Anfang und Ende der Schulzeit, welche die Klassenlehrerin nutzt um die News des Tages zu besprechen (Ich verstehe kein Wort also fragt mich nicht was man da so lange bereden könnte).
Die Schule geht hier also von 8:40Uhr-15:40Uhr.

Danach ist für die meisten noch Club. Dieses System ähnelt sehr dem Amerikanischem. Es gibt eben jede Menge Clubs zur Auswahl mit verschiedenen Aktivitäten und wenn dir einer gefällt trittst du eben bei und gehst zu den Zeiten hin.

Die Clubs stellten sich alle bei einem Event am 3.Schultag vor. Die Sportclubs konnten sich natürlich nur in einem persönlichen Video präsentieren (der japanische Humor war deutlich erkennbar), während Clubs wie Schauspiel, Turnen oder Sumo natürlich eine super Show hinlegen konnten.
Mich hat auch sehr das Orchester beeindruckt, so viele verschiedene Instrumente in einen harmonischen Klang zu bekommen als Schüler, ist sicher nicht einfach.
Die Cheerleader tanzten zu Highschool Musical, dass scheint in Japan sehr beliebt zu sein und irgendwie weckt auch in mir dieser Film viele Kindheitserinnerungen.
Mein persönlicher Höhepunkt war ja der Auftritt vom Tanzclub. Es traten 2 verschiedene Gruppen auf. Mir fiel von Anfang an auf dass sie (natürlich) gut waren, aber irgendwie etwas fehlte. Die 2.Gruppe bestand nur aus Jungs, und ich weiß auch nicht woran es liegt, aber sie können es einfach mal viel besser.

Ich konnte mich von Anfang an für keinen Club entscheiden. Und weil Svenja, die andere deutsche Austauschschülerin an dieser Schule, auch noch einen neuen Club suchte, besuchten wir an einem Nachmittag gemeinsam die verschiedenen Clubs. Wir schauten bei einer Teezeremonie rein und durften es auch mal ausprobieren, wir schauten beim Schauspielclub zu (wobei es da mit genau 3 Mitgliedern nicht viel zu sehen gab), backten Cupcakes im Kochclub, probierten uns im Turnen aus, besuchten die Jungs im Computerclub (nicht dass ich mich dafür wirklich interessieren würde xD) und beobachteten den Volleyball und Basketballclub.

Obwohl mein absoluter Favorit Volleyball gewesen war, war ich mir beim zugucken gar nicht mehr so sicher. Die "Mädchen" spielten echt total wahnsinnig gut. Ich konnte auf dem Feld keine Positionen ausmachen, die liefen einfach auf dem ganzen Feld umher, immer in Bewegung und schweißtriefend. Nach dem Punkt wurde bei jedem erstmal eingeklatscht und weiter gehts mit dem Geschreie. Da war so eine Energie auf dem Spielfeld, so ein Teamwork hätte ich mir wirklich niemals zugetraut. Svenja redete für mich mit dem Trainer auf japanisch. Er meinte, es würden gerade nur 2. und 3.Klässler spielen, sie trainieren für ein Turnier am Wochenende und als neuer 1.Klässler würde ich Anfangs nur Bälle einsammeln und putzen, höchstens ein wenig alleine mit einem Ball rumspielen. Das demotivierte mich alles natürlich sehr. Auch hatte ich den Eindruck, der Trainer traute mir Austauschschüler dass nicht wirklich zu, und ich mir auch nicht. Und doch war da immer noch dieser kleine Ehrgeiz in mir, der rief: "Wo ist der Kämpfer und Wille in dir?"


Am nächsten Tag nahm ich an einer Probestunde beim Tanzen teil. Mir wurde erzählt, es gäbe verschiedene Style. Breakdance, Girls, Jazz, Locking, Popping, Hip Hop und House. In der Probestunde zeigte man uns aber nur einen Teil von der Erwärmung der aus Dehnung (zu viel, gar nicht mein Ding), Kraft (Bauch, Arm, Spannung im ganzen Körper) und Basicschritten bestand. Weil ich in Deutschland vorher schon Hip Hop getanzt habe, war ich schon ziemlich stolz auf mich als ich als "Anfänger" die Schritte sofort drauf hatte und die Senpais am Ende gar nicht mehr wussten, was sie noch mit mir wiederholen sollten xD

Eine meiner weiteren Optionen ist Tennis gewesen. Ich finde es sieht wahnsinnig spaßig aus und wollte es deswegen gerne auch mal probieren. Allerdings hatte ich wirklich null Erfahrung in diesem Sport und Svenja meinte auch, es sei ein sehr harter Club, also ließ ich das lieber gleich bleiben.
Natürlich hätte ich es mir auch einfach machen können und zum Leichtathletikclub gehen können (habe Leichtathletik in Deutschland gemacht). Aber ich will mich in meinem Austauschjahr weiterbilden, und in meinem Falle das Laufen ist eben immer das Selbe, was will ich da groß von einer anderen Kultur lernen? Außerdem sollte man das breit gefächerte Angebot an Clubs doch mal ausnutzen.

Meine Entscheidung viel mir im Endeffekt dann also doch nicht mehr so schwer. Ich trat dem Tanzclub bei. Der ist von Dienstag- Samstag 2 Stunden (Samstag 3h).
Das hört sich jetzt an, als würde ich wahnsinnig viel daraus mitnehmen, aber irgendwie habe ich ein wenig Angst, dass es nicht so ist. Muskelkater habe ich auf jeden Fall. Vor allem im Rücken, von dieser lästigen Dehnung. Am Ende kann ich noch einen Spagat, das würde alle Erwartungen sprengen.

Aber das Tanzen an sich habe ich bisher noch nicht so wirklich gespürt. Wir sind immer noch dabei Grundschritte zu üben. Man könnte das als "Findung-seines-persönlichen-Flows" sehen, allerdings ist etwas persönliches hier so eher gar nicht erwünscht. Während die ganze Truppe 1.Klässler (38 neue Mitglieder) unablässig ein und den selben Song lang "Up-and-Down" tanzt, marschieren die Senpais durch den Haufen und korrigieren jeden Finger, jeden Zentimeter deiner Bewegung. Ja, jetzt versuch aber mal 4 Minuten lang einen Move perfekt nach ihrem Geschmack auszuführen ohne dir Erschöpfung anmerken zu lassen. Das ist auch kein Tanzen. Klar muss man die Grundschritte drauf haben, aber auch die sehen nur wirklich gut aus wenn sie locker und leicht aus deinem Körper kommen, nicht wenn man versucht sein Gegenüber perfekt nachzuahmen. Dass habe ich von meinem Hip Hop Trainer aus Deutschland gelernt, und jetzt verstehe ich auch was er meinte.

Später läuft es in dem Club so ab, dass wir 1 Stunde gemeinsame Erwärmung haben und dann in die Gruppen gehen und unsere Choreos ausarbeiten. Ich hab dem Prinzip "Wir-machen-unsere-Choreos-selber" ja von Anfang an nicht so getraut. Asiaten geben nämlich nicht gerne ihre ehrliche Meinung dazu. Wenn also einer was sagt, stimmen alle fröhlich drauf ein (wenn sich überhaupt jemand dazu überwindet einen Vorschlag zu bringen). Aber das werde ich noch genauer herausfinden können.

Meine Klassenkameraden sind alle sehr nett und hilfsbereit. Ich weiß, das steht in jedem deutschen Zeugnis, aber hier ist es tatsächlich so. Ich brauche keine Angst zu haben mal alleine da zu stehen und keine Ahnung zu haben, mir ist immer jemand zur Stelle. Mit vielen habe ich schon gesprochen und verstehe mich auch gut, aber ich wollte von Anfang an nicht bei einem festen Freundeskreis stecken bleiben und mich darin sicher fühlen. Ich wollte verschiedene Leute kennen lernen und mich mit jedem gut verstehen. Denn es gibt viele interessante Persönlichkeiten und um wirklich jemanden zu finden, den ich als super gute Freundin bezeichnen könnte, muss ich sie zuerst genauer kennen lernen. Bis jetzt habe ich schon super tolle Menschen erkundet und bin froh, mich mehr mit ihnen beschäftigt zu haben als ein: "Ja, die ist immer nett, aber ich habe ja meine festen Freunde."

Sicherlich habe ich jetzt vergessen von vielen Dingen zu berichten, aber wenn ihr Fragen zu meinem neuen Schulleben habt, die Kommentarleiste und ich stehen immer offen :)



Nun komme ich noch kurz zu meinen beiden Trips im April.


Zum einen war ich nämlich noch in Asakusa (Tokyo) und wurde dort mit meinen Gasteltern von Männern durch die Gegend gefahren. Das war so eine Art Kutsche, die von Männern in gefährlich engen Hosen gezogen worden. Die setzten uns auf einem Markt ab, wo ich endlich die Chance hatte erste Postkarten zu kaufen.





Danach gingen wir am Sky Tree in ein Aquarium. Das hatte etwas sehr beruhigendes auf mich, vor allem die Quallen oder auch die großen Fische wie Hai oder Rochen die im großen Aquarium ihre Runden drehten zwischen den andere vielen kleinen Fischchen. Man fühlte sich wie in eine Traumwelt versetzt.
Vorm Ausgang war dann noch ein großes Becken mit Pinguinen, worüber sich natürlich vor allem die kleineren Kinder freuten. Und ich.





Wenn wir schon mal da waren, gingen wir natürlich auch in den Tokyo Sky Tree. Der Tokyo Sky Tree ist nochmal größer als der Tokyo Tower (333m). Er hat eine Höhe von 634m. Wir als Besucher schafften es bis zu 451,2m.








An einem freien Tag am Mittwoch, wagte ich auch einen Ausflug mit Svenja (der anderen deutschen Austauschschülerin an meiner Schule) nach Harajuku. Eigentlich war mir gar nicht danach, ich verbringe freie Zeit lieber frei und nicht verplant. Aber natürlich bereute ich es kein bisschen. Zuerst einmal schaffte ich es ganz alleine von Warabi nach Harajuku. Da war ich schon mal ziemlich stolz auf mich. Mit meinen Gasteltern zusammen sah dass immer so schwer aus mit den Zügen. In Wirklichkeit hatte ich mir einfach nie einen Kopf darüber machen müssen.

Und als wir dann die Takeshita Street entlang liefen, sah ich, ich bin im Paradies. Egal wo ich hinschaute, ich hätte alles gekauft. In diesem Moment fühlte ich mich ganz Deutschland überlegen und wusste gar nicht wo hin mit meinen Glücksgefühlen. Nur dass ich an diesem Tag allein (umgerechnet) 80 Euro bei mir trug bereitete dem Spaß ein Ende. Aber zum Glück ist man ja länger hier. Als Svenja mir gerade die Zubereitung von Cheesecake Kitkat erklärte, schlossen sich plötzlich zwei Deutsche unserem Gespräch an. Leider kann ich mehr nicht von ihnen erzählen, sie wollten eher Fakten über uns wissen und wie man diese Kitkat zubereitet (irgendwie kompliziert mit der Mikrowelle). Aber es war ein deutliches Zeichen, dass in Harajuku Unmengen von Ausländern umherwanderten. Ich lernte an diesem Tag auch sehr viel über die Modewissenschaft der Japaner und war sehr interessiert sie mir anzueignen. Außerdem finden alle 4 Wochen ein Fashionwalk statt, d.h. eine Gruppe von Leuten trifft sich in extravaganten Outfits (Gothikrichtung oder eher knallbunt) und läuft fröhlich durch Harajuku. Svenja hat mich dazu eingeladen, allerdings muss ich mir erst ein richtiges Outfit dafür zusammenstellen, dann kann es gerne losgehen :D (Wird vorraussichtlich im Mai sein)




Was soll ich noch über Harajuku sagen. Ich habe an diesem Tag bis auf den letzten Pfennig alles ausgegeben und bereue nichts. Zwei Wochen danach bin ich nochmal mit mehr Geld hin und habe wieder sau viel Geld ausgegeben. Aber in Japan bekommt man Nike Air Max auch schon für ca. 70 Euro, dass muss man doch ausnutzen!





Im April hat sich mein Austauschjahr also entschieden angefangen in eine Richtung zu lenken. Mit Anfang der Schule habe ich begonnen, mich als ein Teil Japans zu fühlen und die endlosen Gedanken von den Ferien beiseite zu schieben. Auch ich bin sehr gespannt, was für ein Leben ich mir hier gerade aufbaue.




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